Die Rote-Hilfe-Arbeit ist nicht ohne Brüche verlaufen: Die Rote Hilfe Deutschlands der
Weimarer Republik, die zu einer der größten Massenorganisationen der Arbeiter*innen
Bewegung herangewachsen war, wurde 1933 von den Nazis in die Illegalität getrieben
und schließlich blutig zerschlagen.
Erst zu Beginn der 1970er-Jahre entstanden wieder erste Gruppen unter dem Namen
„Rote Hilfe“, die sich politisch stark gegeneinander abgrenzten und bald einen
Niedergang erlebten. Ende der 1970er-Jahre existierte nur noch die von der KPD/ML
gegründete Rote Hilfe Deutschlands, die sich um eine politische Öffnung für breitere
Spektren bemühte.
Damit hatte sie 1986 Erfolg, als sie sich in Rote Hilfe e. V. umbenannte und damit den
Ausgangspunkt der heutigen strömungsübergreifenden Solidaritätsorganisation bildete.
Die Ausstellung zeichnet die komplexe Geschichte der Roten Hilfe(n) und deren
Solidaritätspraxis nach.
Am 07. Oktober veranstalten wir im Rahmen unserer 100-Jahr-Feiern eine Vortragsveranstaltung. Deshalb findet am 07. Oktober 2024 keine Beratung statt. In dringenden Fällen wendet Euch bitte gerne an eine der Ortsgruppen Dortmund, Oberhausen oder Duisburg wenden (Kontakt: <Stadtname> (at) rote-hilfe.de).
Danke für Euer Verständnis
Vorabinfo: Betroffenen steht die Rote Hilfe gerne zur Seite. Beratungstermin ist immer am 1. Montag eines Monats (das nächste Mal also am 05.08.24) um 19:00 Uhr im Sozialen Zentrum Bochum, Josephstraße 2. Bitte vorher anmelden unter
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Das Legal-Team, das sich anlässlich des AfD-Bundesparteitags in Essen und den angekündigten Gegenprotesten als ein Zusammenschluss von Rechtsanwält*innen zur rechtlichen Begleitung des Protestes gebildet hat, ist bestürzt über den Umgang von Polizei und Justiz mit größtenteils friedlichem Protest.
1.
Am Samstagmorgen mussten wir ein provokantes, gewaltbereites Auftreten der Einsatzkräfte und massive Polizeigewalt beobachten. Die Kommunikation mit dem Legal-Team wurde überwiegend verweigert. Ein lösungsorientiertes, deeskalierendes Handeln der Polizei konnten wir in weiten Teilen nicht feststellen.
Stattdessen kam es zu Würgegriffen von hinten durch Polizeibeamt*innen und Tritte der Einsatzkräfte gegen am Boden liegende Menschen sowie Faustschlägen ins Gesicht. Auch kamen Pfefferspray und Schlagstöcke zum Einsatz, was sich in den von uns beobachteten Fällen als vollkommen unverhältnismäßiges Vorgehen der Polizei darstellte. Mindestens eine protestierende Person erlitt einen Armbruch. Hinzu kamen Schürfwunden, Prellungen und weitere Verletzungen. Mehrfach waren Sanitäter*inneneinsätze erforderlich. In den Medien und durch die Polizei Essen wird hingegen überwiegend lediglich erwähnt, dass es teilweise zu Verletzungen der eingesetzten Beamt*innen kam.
Zeitweise wurden auch die anwaltlichen Mitglieder des Legalteams in einem sog. Kessel festgehalten und gewaltsam davon abgehalten, den Kessel zu verlassen oder wurden körperlich angegangen. Auch wurde eine Person schnell durch Einsatzkräfte abtransportiert, ohne ihrem Wunsch nach anwaltlicher Unterstützung nachzukommen, obwohl dieser explizit geäußert wurde, und Anwält*innen vor Ort waren.
2.
Nach unseren Informationen befanden sich insgesamt 23 Personen in Gewahrsam. Obwohl die Dauer des Gewahrsams durch die Polizei in den überwiegenden Fällen bis Sonntag, 20 Uhr, beantragt wurde, wurde dies teilweise durch richterliche Beschlüsse abgelehnt; so kamen viele Betroffene schon früher frei.
Festzustellen ist: Obwohl die Polizei monatelang Zeit hatte, sich auf die Einsätze an diesem Wochenende vorzubereiten, und dies im Hinblick auf die Sicherung des Parteitags der AfD auch gründlich tat, waren in der Vorbereitung die anwaltliche Vertretung und Beratung von Gegendemonstrant*innen, und damit grundlegende demokratische Rechte, nicht bedacht worden; die Folge waren chaotische Zustände bishin zu bewusster Verweigerung des Zugangs zu anwaltlicher Beratung und Vertretung:
Personen in Gewahrsam wurde die telefonische Kontaktaufnahme, die gesetzlich vorgeschrieben ist, über viele Stunden zunächst verweigert. Teilweise konnten Betroffene erst nach der richterlichen Vorführung telefonieren, obwohl Anwält*innen bereit waren, den Vorführungen beizuwohnen und der Wunsch nach Vertretung geäußert wurde. Es entstand der Eindruck, dass die Anhörungen teilweise bewusst ohne anwaltliche Vertretung durchgeführt wurden.
Selbst richterliche Entscheidungen wurden mindestens in einem uns bekannten Fall nicht umgesetzt: So hielt beispielsweise die Richterin den Gewahrsam in einem Fall für unzulässig, so
dass die betroffene Person daher unverzüglich frei zu lassen gewesen wäre. Die Person befand sich aber noch weitere drei Stunden im Gewahrsam. Ein Gespräch mit dem Ermittlungsleiter, um hier auf die Durchsetzung des richterlichen Beschlusses hinzuwirken, wurde uns verweigert.
3.
Die Umstände für die Betroffenen und für die anwaltliche Beratung und Vertretung im PP Essen waren katastrophal:
Da die Räume im Polizeipräsidium nicht ausreichten, mussten Personen teilweise zu siebt oder gar zu neunt in einer Zelle ausharren. Es gab dort jeweils nur eine Toilette ohne Sichtschutz. Die Luft war sehr schlecht, erst nach vielen Beschwerden wurde ein Fenster geöffnet, was jedoch die Situation nicht wesentlich verbesserte. Teilweise wurden Ingewahrsamnahmen daher auch wegen der widrigen Umstände in den Zellen aufgehoben. Viele Betroffene klagten über Schwindel, Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme. Ein Betroffener beklagte am Sonntag, dass in seiner Zelle die ganze Nacht das Licht gebrannt habe, obwohl er darum gebeten habe, das Licht zu dimmen.
Obwohl die Gefangenensammelstelle im Polizeipräsidium in Essen mehrere Räume besitzt, stand für anwaltliche Gespräche im gesamten Polizeipräsidium Essen zunächst nur ein Raum zur Verfügung. Bei diesem Raum handelte es sich um einen besonders gesicherten Haftraum (bgH). Sowohl bei den anwaltlichen Gesprächen mit den Betroffenen, als z.T. auch bei Wartezeiten auf diese wurden die Anwält*innen in diesen bgH eingeschlossen, weil angeblich kein Personal für die Sicherung vorhanden war. Auch in diesem Raum war die Luft extrem warm und stickig. Da nur dieser eine Raum zur Verfügung stand, mussten wir teilweise Stunden darauf warten, um mit den Betroffenen sprechen zu können. Ein Beamter äußerte im Gespräch mit einem Kollegen wörtlich, es sei ihm "scheißegal", wie viele Anwälte unten ständen.
Dieses schikanöse Vorgehen der Polizei hat die anwaltiche Tätigkeit erheblich erschwert. Später wurde ein weiterer Raum zur Verfügung gestellt - jedoch ohne Möbel. Die Beratung musste auf dem Boden durchgeführt werden. Auf Besprechungen oder Vorführungen musste teilweise außerhalb des Gebäudes gewartet werden. Der Zugang zu Rechtsbeiständen wurde von einigen Beamt*innen bewusst verschleppt. Auf Intervention durch die Kriminalpolizei wurde der Einlass zunächst gänzlich verweigert. Ebenso lehnte der Empfang des Polizeipräsidiums es ab, eingelegte Rechtsmittel anzunehmen. All dies führte zu Verzögerungen, obwohl es sich um erhebliche Grundrechtseingriffe handelte und daher das Beschleunigungsgebot zu beachten gewesen wäre. Die Polizei zeigte insgesamt kein oder nur ein sehr begrenztes Bewusstsein für die Tragweite der Grundrechtseingriffe, die in einer Ingewahrsamnahme als freiheitsentziehende Maßnahme liegen und missachtete das fundamentale Recht auf anwaltliche Vertretung.
Eine Person im Gewahrsam berichtete uns, sie habe von Beginn an auf eine anwaltliche Vertretung bestanden. Dies wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass zwei Anwält*innen vor Ort gesagt hätten, sie hätten keine Zeit. Zu diesem Zeitpunkt befand sich jedoch kein*e Anwält*in vor Ort und hat eine solche Aussage auch nicht getätigt.
Fazit:
Trotz des eskalativen Polizeieinsatzes haben wir einen bunten und erfolgreichen Protest erlebt. Die Anreise vieler Parteitagsdelegierten wurde durch friedliche Blockaden verzögert - der lautstarke Protest hat die Delegierten erreicht.
Insgesamt müssen wir jedoch im Hinblick auf die Wahrung fundamentaler, demokratischer Rechte und Freiheiten ein negatives Fazit ziehen:
Die Polizei schien zahlenmäßig bestens darauf vorbereitet, legitimen Protest zu gängeln und zu verhindern, häufig völlig unverhältnismäßig. Auf die Wahrung der Grundrechte, insbesondere im Rahmen der Ingewahrsamnahmen, war die Polizei jedoch gerade nicht vorbereitet, ob bewusst oder unbewusst. In Anbetracht dessen, dass der Freiheitsentzug einen der schwerwiegendsten Grundrechtseingriffe überhaupt darstellt, in diesem Kontext auch noch das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK), den Zugang zu Anwaltspersonen und zu Rechtsmitteln zu verkürzen, und letztlich sogar die Menschenwürde extrem zu beschneiden, zeugt entweder von Gleichgültigkeit oder Unkenntnis. Dies ist erschreckend. Aus unserer Sicht besteht daher dringender Handlungs- und Aufarbeitungsbedarf.
Ansprechpartner:
Rechtsanwältin Anna Magdalena Busl, Bonn
Rechtsanwalt Markus Wild, Bochum
Liebe Antifaschist*innen, Liebe Genoss*innen, Liebe Freund*innen,
Heute feiern wir den Tag der Befreiung vom NS – Regime, aus diesem Grund möchte ich zu allererst mit einer Schweigeminute beginnen für alle, die dem NS-Terror zum Opfer fielen.
„So ist das Leben und so muss man es nehmen, tapfer, unverzagt und lächelnd – trotz alledem“. Vielen von euch ist dieses Zitat aus Rosa Luxemburgs Brief an Sonja Liebknecht bekannt. Sie schrieb diese Zeilen Mitte Dezember 1917 aus dem Gefängnis heraus. Heute feiern wir nicht nur den Tag der Befreiung, sondern auch das 100-Jährige Bestehen der Roten Hilfe. Die Anfangs zitierten Zeilen von RL empfinde ich noch heute als eine Aufforderung an alle die Kämpfen und Widerstand leisten und sie beschreibt die Geschichte der Rote Hilfe nur zu gut. Erstmals gründeten sich im April 1921 die ersten Rote Hilfe Komitees und waren der Grundstein von dem, was wir heute als Rote Hilfe e.V. kennen.
100 Jahre Rote Hilfe sind nicht einfach in Worte zu fassen. Auf das wohl entscheidende und verbindende Element der zehn Jahrzehnte möchten wir aber doch eingehen.
Das Prinzip der Solidarität zieht sich wie ein rotes Band durch diese Geschichte von 100 Jahren. Schon immer hatten fortschrittliche Bewegungen Unterstützung für die von der Reaktion Verfolgten organisiert.
Ab 1933 war die Rote Hilfe in der Illegalität. Das Ausmaß der Verfolgung während der Zeit der NS-Diktatur führte für viele Rote Helfer*innen und Helfer zum Tode. Es wäre anmaßend all das Leid und auch die Gefahren der Arbeit in der Illegalität hier in wenige schnelle Worte fassen zu wollen. Während die Arbeit vieler antifaschistischer Widerstandsgruppen gut erforscht wurde, ist der Kampf der Roten Hilfe gegen den NS-Terror lange vernachlässigt worden. Dass zahlreiche Aktivist*innen der RH, die zum Zeitpunkt des Verbots im März `33 über eine Millionen Mitglieder*innen zählte, ist kaum bekannt. Meistens werden die RHD Strukturen nur am Rande erwähnt oder pauschal der örtlichen Kommunistischen Partei zugerechnet. Als eigenständige und mitgliederstarke Widerstandsorganisation wird die RHD nur in den seltensten Fällen wahrgenommen.
Es ist nicht selbstverständlich, dass wir noch heute etwas mit diesem Begriff der Solidarität anfangen können. Viele der politischen Auseinandersetzungen sind gänzlich anders geworden oder haben sie sich über die Zeit immer wieder verändert.
So wie es große linke Massenorganisationen gab, gab es ihre Verbote. So gab es Kleingruppen, thematisch unterschiedliche Ausrichtungen, unterschiedliche Mittel im Kampf. Es gab Bewegungen im Kleinen und über Ländergrenzen hinweg.
Was linke Ideen betrifft, waren diese in Deutschland nie sonderlich gern gesehen. Das wusste die KPD in den 20er Jahren, genauso wie es die Gegner*innen der Wiederbewaffnung, revolutionäre Studierende, Atomkraftgegner*innen und Antifaschist*innen wussten und wissen. Spätestens, wenn es ihnen an den Kragen ging. Das Überziehen des politischen Gegners mit Repression ist noch immer das Mittel der Wahl, um unliebsame Veränderungen an den herrschenden Verhältnissen zu unterbinden.
Wir können immer noch etwas mit dem Begriff Solidarität anfangen, weil das Gefühl der Hilflosigkeit – welches das Gewaltmonopol des Staates zuweilen auslöst – noch immer das gleiche ist. Irgendwann trifft es immer eine von uns, aber gemeint sind alle anderen mit, die auch für eine politische Veränderung eintreten, einer linken Idee folgen, sich organisieren und politisch aktiv sind.
Und wenn es dann brennt, dann ist es ein elementares Gefühl zu wissen, dass man nicht allein ist. Dass andere auch auf der Straße sind und einen nicht liegen lassen. Dass es eine warme Tasse Kaffee nach der Zeit in der Zelle gibt und dass es Möglichkeiten gibt, sich im Strafverfahren zu wehren, auch wenn einem kein reiches Elternhaus mitgegeben ist. Es braucht Beistand, es braucht Beratung und es braucht Geld.
Das war schon früher so und so ist es auch heute noch. Nur die Art und Weise der Solipartys dürfte sich über die Jahrzehnte deutlich gewandelt haben ;-D
Solidarität – das ist die nicht ausbleibende Hilfe, das Sich-auf-einander-Beziehen und für Geschlossenheit und Nähe sorgen. Das Symbol der Roten Hilfe zeigt diese Nähe deutlich – es sind die miteinander verschränkten Arme.
Was in noch zaghaften Versuchen seinen Anfang nahm, ist heute als strömungsübergreifende Solidaritätsarbeit für alle Linken zum zentralen Grundsatz der Unterstützung der Roten Hilfe Geworden. Die Geschichte der Roten Hilfe ist eine der Kontinuität, der langlebigen, über Generationen hinweg organisierten, weil von zahlreichen Genoss*innen getragenen, kontinuierlichen Solidarität, die weder Repression noch Verbote zum Stillstand bringen konnten.
Unsere Solidarität ist und bleibt eine Waffe –nun bereits ein Jahrhundert lang und auch darüber hinaus.
Aktuell passiert das zum Beispiel für Aktivist*innen im Bereich Antirassismus, wenn es um Hilfe für Geflüchtete geht, sei es durch Versorgung mit Wasser, in Seenot oder bei Abschiebungen. Es passiert in Strafverfahren, wenn das Aufhelfen von der Straße als Gefangenenbefreiung verfolgt wird, und wenn Protestierende zu Kriminellen abgestempelt werden, weil sie Kohleabbau verhindern wollen.
All diesen Entwicklungen muss in allen politischen Belangen eine unsere aktive Solidarität entgegengesetzt werden.
Lasst uns zusammen fordern und dafür kämpfen:
- Nieder mit dem Rondenbarg-Verfahren!
- Nieder mit dem Antifa-Ost-Verfahren! Nieder mit dem Budapest-Verfahren!
- Freiheit für Kenan Ayaz und Schluss mit der Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung! Weg mit dem PKK-Verbot!
- Freiheit für Daniela Klette
- Freiheit für Özgül Emre, Serkan Küpeli und Ihsan Cibelik! Nieder mit dem Kommunisten-Prozess in Düsseldorf!
- Weg mit den Paragrafen 129, 129a und 129b!
- Solidarität war, ist und bleibt unsere stärkste Waffe!
Heute wird gefeiert, morgen nehmen wir den Kampf wieder auf.
„Darum schafft ‚Rote Hilfe‘!“
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